Sonntag, 01.07.2018
Nun ist er also da, der letzte Morgen unserer Rally - wie die Zeit vergeht... Nach der obligaten morgendlichen Kaffee-Session räumen wir unser Vehikel auf: Das Gepäck von Ste kommt raus, der Rest wird wieder ordentlich in die Rakoboxen gepackt. Das Auspacken soll keine Zeit mehr in Anspruch nehmen. Danach gönnen wir uns ein letztes ausgiebiges gemeinsames Frühstück. Und schon geht´s los in Richtung Hamburg. Wir kommen zügig aus Berlin raus, doch nach zirka 1,5 Stunden Fahrt ist der auf einmal da: der erste richtige Stau unserer Rally. Nach 16 Tagen und über 7´500 Kilometern? Wir haben im Vorfeld weitaus Schlimmeres befürchtet. Doof ist nur, dass uns für die Zieleinfahrt in Hamburg nur eine Stunde zwischen 16 und 17 Uhr zur Verfügung steht. Viel zu schnell ziehen die Minuten an uns vorbei - unseren Berechnungen nach kommen wir langsam aber sicher in einen Bereich, der eine pünktliche Ankunft nicht mehr ermöglicht. Doch dann passieren wir das Nadelöhr (kleine Anmerkung am Rande: es bestand aus einem Nichts - eine Verengung der Fahrbahn auf eine Spur ohne Baustelle, Belagschäden oder so - wollten uns hier die Organisatoren noch eine letzte, heimliche Challenge zumuten?). Sobald wir wieder freie Fahrt haben, holt Bischi das letzte aus Rollo heraus. Das Gaspedal bleibt durchgedrückt, wir fahren hart am Limit. Aber natürlich immer gesetzeskonform. Eine kurze Kaffeepause muss trotzdem drin liegen. Und so kommen wir in Genuss der unfreundlichsten und teuersten Raststätte unserer gesamten Rally. Egal, weiter geht´s. Zum Zeitdruck kommt jetzt leider auch noch der Blasendruck hinzu. Das RoaringRollo RacingTeam a.k.a. Team Blasenschwäche wird unruhig. Kurz vor Hamburg: Der den Städten eigene Stop-and-Go-Verkehr. Bei jeder roten Ampel wird geflucht. Doch zwei Wochen Beckenbodentraining zahlen sich aus: Mit voller Freude und immer noch voller Blase überqueren wir stolz und ziemlich pressiert die Ziellinie beim Fischmarkt. Whooop, wir haben´s geschafft! Das gegenseitige Gratulieren muss kurz warten, fällt danach aber umso entspannter und inniger aus.
Das war er also, der Baltic Sea Circle 2018. Was für ein Abenteuer! Wir haben so viele wunderbare Momente erlebt, so viele gute Menschen kennengelernt, so viel gelacht, manchmal auch ein bisschen geflucht, wir haben an so vielen schönen Orten übernachtet, an wenigen weniger schönen Orten übernachtet, wir sind viel gefahren, und noch mehr gefahren, wir haben lecker gespeist, und manchmal auch ein bisschen Fastfood verzehrt, wir haben Tiere zum ersten mal in freier Wildbahn gesehen, wir haben Tiere zum ersten Mal gerochen (Surströmming :-/), wir haben im Regen gezeltet, aber auch in der Sonne, und: wir hatten von A bis Z eine unglaublich gute Stimmung. Vier Jungens während 16 Tagen auf zirka 5 Quadratmeter? Läuft! RoaringRollo RacingTeam - Dream Team!
An dieser Stelle bedanken wir uns ein weiteres Mal bei unseren Spenderinnen und Spendern. Wir freuen uns sehr, unseren Charitypartnern (Verein Hiki, Ostschweizer helfen Ostschweizer und Be Aware and Share - weiteres Infos unter "deine Spende") bald die Spendenbeiträge überweisen zu können. Den finalen Spendenbeitrag verkünden wir an der Stelle noch nicht, WEIL: Ihr könnt uns immer noch Last Minute-Spenden zukommen lassen! Wir freuen uns über jeden Rappen und bedanken uns schon mal im Voraus.
Ein weiterer Dank geht an unsere Frauen/Partnerinnen/Freundinnen: Ohne euch wär dieses Unterfangen gar nicht erst möglich gewesen, danke, dass ihr uns in der Zeit den Rücken freigehalten habt. Vielleicht wart ihr ja auch einfach froh um ein bisschen Ruhe ;-)
Big Ups auch an die Organisatoren. Die Rally war super organisiert, die Partys waren der Hammer, es fühlt sich einfach super an, Teil des BSC 2018 zu sein. Renato bedankt sich an der Stelle auch beim netten Ober im Ratsherrenkeller in Hamburg, und niemand bedankt sich beim DJ für den plötzlichen Musikwechsel an der Party in Estland - wir schwören, dass wir uns ohne diesen in den siebten Tanzhimmel geschwooft hätten!
Nach kurzer Verabschiedung einiger liebgewonnener anderer Teams heisst es auch für uns Abschiednehmen. Der Schreiberling macht sich per Bahn (wie sonst?) auf nach Berlin, die restlichen 3/4 haben eine weitere Nightsession vor sich. Gute Fahrt, Kameraden!
Wir bedanken uns bei den Lesern und freuen uns, wenn ihr in den nächsten Tage mal wieder hier vorbeischaut. Wir werden zum definitiven Abschluss den finalen Spendestand, weitere Fotos und die offizielle Statistik unserer Reise mit euch teilen.
Die letzten Worte der Live-Berichterstattung gehören aber dir, lieber Rollo: Unglaublich, wie du die 7´600 und irgendetwas Kilometer zurückgelegt hast. Du hast dich mit Bleifüssen vertragen, hast blutigen Anfängern jeden Fehler verziehen, du hast uns sicher durch enge Kurven und schnell über gut ausgebaute Strassen gebracht, du hast schlaglochbedingte Stösse abgefedert, du hast uns auf der Rückbank den bitter nötigen Schlaf gegönnt und du hast uns mit deiner Heckklappe beim Rauchen Schutz vor so manchem Regenschauer gespendet, kurzum: Rollo, du warst uns ein treuer Begleiter, wir verbiegen uns vor dir!
So, müde aber überglücklich droppen wir das Mic, resp. klappen wir den Compi zu, und sagen: RoaringRollo RacingTeam out - macheds guet!
Samstag, 30.06.2018
Nachdem wir etwas Schlaf nachgeholt haben stehen wir gegen Mittag auf und gehen ausgiebig frühstücken. Einer der Vorzüge in Berlin ist ja bekanntlich, dass man gut bis 16 Uhr frühstücken kann. Den Nachmittag verbringen wir mit der Bearbeitung des Roadbooks: Fotos werden ausgewählt, -gedruckt, -geschnitten und eingeklebt. Kilometerstände und Reiseinformationen werden zusammengetragen. Spendeneingänge werden nachgetragen (wir haben endlich wieder Zugriff auf unser Spendenkonto) und Punktestände berechnet. Nach zwei Stunden liegen die Nerven blank, wir sind uns die Büroarbeit nicht mehr gewohnt – wie das wohl am Montag sein wird? Wir rechnen mit dem Schlimmsten! An alle Kollegen und Mitarbeiter: Bitte habt etwas Verständnis, wenn wir Anfang nächster Woche etwas dünnhäutig sind.
Zur Belohnung gehen wir essen. Und mit den Kalorien kommt das Fresskoma. Oder ist es die Quittung für einige Nächte mit eher wenig Schlaf? Auf jeden Fall sind wir bereits um neun Uhr so müde, dass wir uns auf nach Hause machen. Nach einem kurzen Schlumi knipsen wir die Lichter aus – Adieu!
Freitag, 29.06.2018
Bei Zeiten klingeln unsere Wecker. Nach zwei Wochen im Tipi zeigt sich die Lernkurve steil wie die Seitenwände unseres Tipis: Unser Material ist innert Kürze verpackt und wir sind abfahrbereit. Nur mit Mühe kriegen wir Candy und Renato vom WLAN-Hotspot weg, aber der Rest des RacingTeams bleibt hart: Wir wollen heute mehrere hundert Kilometer zurücklegen. Also Türen zu und ab die Post, auf direktem Weg zur Tageschallenge: Am Berg der Kreuze ein weiteres Kreuz aufstellen. Wir überschlagen uns vor Kreativität und stellen mit viel Liebe zum Detail und ohne Rücksicht auf zeitlichen Aufwand ein äusserst filigranes Kreuz her. Aus zwei Grashalmen. Vom Strassenrand. Das muss reichen. Foto geknipst und weiter geht’s.
Die Landschaft in Lettland und später auch in Litauen vermag uns nicht mehr ganz so zu begeistern wie die estnische Natur. Die schönen Holzhäuser Skandinaviens, Finnlands und Estlands werden abgelöst durch einfache Steinhäuser, die auf der Charme-Skala nicht gleich hoch Punkten können. Schön sind vor allem die Überlandstrassen in Litauen. Ein wahrer Flickenteppich in vier(!) Farben. Was jeden Katzenliebhaber entzücken würde, stellt die Stossdämpfer von Rollo und die schlafenden Teammitglieder auf der Rückbank auf eine harte Probe.
Ein Blick ins Roadbook gibt uns Aufschluss über die Tageschallenge von Morgen. Der vorbereitete Vogel fängt den Wurm, oder so ähnlich. Diese Challenge konfrontiert uns mit aller Härte wieder mit der Zivilisation: es sollen sämtliche Fotobeweise aller Challenges ausgedruckt und ins Roadbook geklebt werden. Die Aussicht auf mehrere Stunden mit langsamen Tintenstrahlern, unscharfen Scheren und vertrockneten Leimstiften in einem miefigen Copyshop lässt uns erschaudern. Wir entschliessen uns für einen radikalen Schritt mit kilometerlangen Folgen: Wir lassen den geplanten Besuch von Danzig aus und fahren direkt nach Berlin. So verlassen wir die Baltischen Staaten zügig in Richtung Polen. Ein kurzer Zwischenhalt bei einem abgelegen Restaurant in der Mitte von Polen gibt uns Einblick in die polnische Feierkultur: Wir sind – nebst einer zirka hundertköpfigen Festgesellschaft – die einzigen Gäste. Ein Blick in die Karte führt dazu, dass wir uns für etwas günstigere Menus entscheiden. Dreissig Euro für einen Hauptgang? Das sind ja beinahe Schweizer Preise! Wir gönnen uns trotzdem eine Vorspeise und Kaffee dazu und warten leicht ängstlich auf die Rechnung. Und erst da kommt uns in den Sinn, dass in Polen mit Zloty bezahlt wird. Für 50 Euro haben wir zu viert wie die Fürsten gespeist J
Mit verkürzten Fahrphasen und häufigeren Fahrerwechseln halten wir uns fit und kommen zügig voran. Gegen halb fünf passieren wir schliesslich die Deutsche Grenze, eineinhalb Stunden später sind wir in Berlin, am Tempelhofer Feld vorbei geht’s in Richtung Kreuzberg. Ein wohlverdientes Gutenachtbier auf der Dachterrasse von Regula und Ste, und kurze Zeit später liegen wir – das erste Mal seit langer Zeit – auf einer normalen Matratze und sind sofort Weg.
Donnerstag, 28.06.2018
Schweiss und Bier. Offenbar DAS Mückenlockmittel schlechthin: Als wir aufwachen, sind wir alle ordentlich zerstochen. Noch etwas zerdrückt, aber voller guter Erinnerungen an den letzten Abend packen wir unsere sieben Sachen und sind bald schon unterwegs. Die heutige Tageschallenge führt uns an einen unglaublich interessanten Ort: Auf dem Gelände eines ehemaligen Gefängnisses hat sich ein natürlicher Badesee gebildet, in dem auch einige Gebäuderuinen bis zur Hälfte im Wasser stehen. Das kalte Wasser verscheucht auch das letzte Käterchen. Hat definitiv was für sich, durch ein überschwemmtes Gebäude zu schwimmen!
Weiter geht’s in Richtung Lettische Grenze. Kurz vorher machen wir einen Kaffeestopp, um unsere Finnischen Socken in einem Restaurant gegen eine massive gusseiserne Bratpfanne zu tauschen. Fairer Deal, finden wir auch dieses Mal – wir tauschen uns dem Ferienhaus auf den Lofoten Schritt für Schritt näher!
Weiter geht’s bis nach Riga, wir fahren im Konvoi mit Team Julisko. In Riga angekommen erwartet uns eine wahre Irrfahrt: Die Adresse des Camping finden wir zwar mehr oder weniger auf Anhieb, nur ist da weit und breit kein Campingplatz. Wir kurven mehrmals kreuz und quer durch die Gegend. Wutanfall, Haareraufen, Haarölbrünzeln, Nervenzusammenbruch – aber irgendwann finden wir dann doch, wonach wir gesucht haben. Der Platz selbst kann nichts, dafür ist die Aussicht wunderschön. Direkt am Fluss haben wir einen unverbauten Blick auf die Stadt, die daran angrenzenden Grossfabriken und einen riesigen Industriehafen. Das Highlight präsentiert sich dann aber in Form des Abendessens: direkt neben dem Campingplatz finden wir ein Restaurant von exquisiter Qualität. Jakobsnüsse, Tintenfisch, Lachs – es lacht das Herz! Dann fix ab ins Tipi, morgen steht uns ein anstrengender Tag bevor.
((kurze Anmerkung der Redaktion: Wer gaaaaaanz genau hinschaut sieht auf dem Bild die 1/2 des RoaringRollo RacingTeams))
Mittwoch, 27.06.2018
Heute können wir es ruhig angehen lassen: Die zweite der beiden offiziellen Rally-Partys wird ganz in der Nähe stattfinden, Fahrtzeit zirka 20 Minuten. Also schlafen wir aus, starten mit einer ausgiebigen Kaffeerunde in den Tag und machen uns gegen 11 auf, um zu Frühstücken. Das erste Restaurant, an dem wir vorbeikommen bietet zwar kein Frühstück an. Dafür leckere Koteletts und Pommes Frites. Genau die passende Ergänzung zum gestrigen Abendessen – und, das muss hier gesagt sein, wirklich lecker!
Gegen Nachmittag machen wir uns auf zur Partylocation. Und die verschlägt uns beinahe den Atem: eine wunderschöne, natürliche Anlage mitten im Nirgendwo. Zentrum der Anlage bildet eine riesige, wirklich RIESIGE Kota, in der locker 300 Leute Platz finden. Dennoch ist alles von Hand und mit Liebe zum Detail aus Holz gefertigt. Mitten durch das Gelände schlängelt sich ein glasklares Bächlein, entlang des Wassers sind kleinere Kotas, Kochstellen und Tipis aus Holz verteilt. Wir finden ein perfektes Plätzchen für unser Tipi, und auch Rollo darf sich direkt daneben von der mit Abstand kürzesten Etappe der Rally erholen.
Die Party startet gut. Es gibt frisch gezapftes Bier und eine Art Zwiebel-Randen-Suppen-Eintopf mit dunklem Roggenbrot als Snack. In der grossen Kota wird das Spiel Deutschland-Südkorea übertragen. Keine gute Idee, wie sich nach 95 Minuten herausstellen soll. Die Klatsche scheint doch merklich an dem einen oder anderen Ego unserer Deutschen Rally-Freunde zu nagen. Spätestens aber als eine estnische Folklore-Tanzgruppe aufmarschiert, ist auch dies wieder vergessen. Wir schauen dem Treiben zu, wippen im Takt und hoffen insgeheim, dass die Schweizer Elf eine bessere Leistung als die Deutschen bieten wird. Pünktlich zum Anpfiff sind wir auch mit Speis und Trank versorgt. Naja, wir sehen auch keine Glanzleistung, aber das 2:2 reicht fürs Achtelfinale. Hopp Schwiz!
Nach dem Fussballspiel kommt die Party richtig in die Gänge, wir tanzen, diskutieren mit anderen Rallyeteams (High Five an dieser Stelle an die Teams „De G’wandler“ und „Juliko“, es war uns eine Freude mit euch) und als Mitternacht bereits seit zwei Stunden vorbei ist gönnen sich Martin und Ste noch zwei Saunagänge. Während die Caluori-Brothers bereits friedlich im Tipi schlummern (ein bisschen Bromance muss ja sein), findet auch der Rest des RacingTeams den Weg ins Bett.
Dienstag, 26.06.2018
Kurz vor elf erreichen wir den Fährhafen von Helsinki. Das Ticket haben wir bereits am Vorabend gekauft, also reihen wir uns in die schier endlose Schlange der wartenden Fahrzeuge ein, in lockerem Stopp-and-Go geht’s auf die Fähre. Und die ist richtig gross. Was aber wirklich erstaunt ist das Unterhaltungsprogramm: Openair-Dancefloor mit DJ, Kinderparty mit Livemusik, Sonnendeck mit Rattanliegen. Und alle sind am Bechern: Champagner, Rum-Cola – man würde nicht meinen, dass die Mehrheit der Passagiere mit dem Auto unterwegs ist. Der Fokus auf Unterhaltung nützt uns aber gar nix, im Gegenteil. Offenbar wurde nicht im gleichen Masse in die Kaffee-Infrastruktur investiert, das harmlose bräunliche Wässerchen mag uns nicht so richtig wecken.
Nach knapp zweieinhalb Stunden erreichen wir Estland und sind im Nu in Tallinn angekommen. Die Altstadt gefällt uns sehr gut und auch das Mittagessen schmeckt. Nach einem kurzen Stadtbummel machen wir uns auf, um einen Campingplatz zu suchen. Mit der Beschilderung nehmen es die Esten offenbar nicht so ernst: Karte, Google Maps, Beschilderung und tatsächliche Lage des Campings liegen in einem Radius von mehreren hundert Metern. Als wir den Campingplatz endlich gefunden haben, wird aus auch klar, weshalb: Der Camping besteht aus einem Betonplatz mit einem Duschcontainer – das mag für Caravanreisende ok sein, nicht aber für das RoaringRollo RacingTeam. Also machen wir auf dem Absatz kehrt, verlassen Tallinn und fahren weiter in Richtung Westen in die Pampa.
Die Landschaft ist wunderschön: Weite Felder, Wälder, alte Bauernhäuser, schöne Seen. Hier gefällt’s uns sehr gut! Der Campingplatz steht den ersten Eindrücken der estnischen Landschaft in nichts nach: Direkt am Meer gelegen, Duschen und die restliche Infrastruktur in kleinen roten Holzhäuschen untergebracht, nicht zu viele Besucher. Voller Freude parken wir Rollo und begeben uns ins Freie – und werden von tausenden Mücken empfangen, die sich die Saugstacheln blecken. Also kurze gegen lange Hosen getauscht, Hosen in die Socken gesteckt, Kapuze hoch und Tipi aufstellen. Ein prüfender Blick am Meer definiert dann auch die Speisekarte: Vor uns liegt kilometerlanger Sandstrand, die Angelruten müssen gar nicht erst ausgepackt werden. Uns Karnivoren stört dies aber nur kurz, ein schönes Steak mit Mais und Tomatensalat ist doch eine gute Alternative zu Seelachs, Heilbutt, Makrelen und Kollegen. Schon bald liegen wir auf unseren Matten (auch Candy hat sich mittlerweile eine mit Luftfüllung gekauft) und schnarchen uns süssen Träumen entgegen.
Montag, 25.06.2018
Gegen Mittag schälen wir uns aus dem Schlafsack. Eine wohlverdiente Dusche weckt in uns die Unternehmungslust, wir machen uns auf in Richtung Stadt. Komisch, nach so viel Autofahren auf einmal mit der Stadtbahn unterwegs zu sein. Nach dem Frühstücks-Reinfall von gestern Morgen sind wir uns einig: Heute müssen ordentliche Speisen her. Wir machen uns auf die Suche nach einem Fischrestaurant und bestellen die royale Platte. Königskrabben, Rekker, Langusten, Schalentiere noch und nöcher. So lässt sich’s leben! Nur die Preise in Helsinki lassen Heimatgefühle aufkommen, Niveau Zürich ahoi.
Die heutige Tageschallenge hat es in sich: Wir müssen einen Sack Kartoffeln mit Locals zubereiten und gemeinsam mit ihnen verspeisen, dazu soll Wodka getrunken werden. Wir machen uns also auf in Richtung Studentenviertel, wer sonst würde an einem normalen Montagabend wohl Kartoffelschnaps in rauen Mengen vernichten? Wir vermuten richtig: In einer schönen Bar (naja, etwas gar hipp vielleicht…) treffen wir auf eine Gruppe junger Finnen. Fix in der Küche nach Sparschäler und Messer gefragt, Kartoffeln geschält, in Schnitze verarbeitet und ab in die Fritteuse damit. Kartoffeln frittiert, Kartoffeln gebrannt – langsam kommt Stimmung auf. In der Bar selbst startet gleichzeitig eine Open Mic-Session. Mit Bier und guter Stimmung feiern wir einige Stunden weiter. Unser Hochgefühl wird jäh getrübt, nämlich dann, als es ums Bezahlen geht. Dem feierwütigen Übermut zum Trotz machen wir uns auf zu unserem Campingplatz. Wir beschliessen, morgen schnurstracks nach Estland weiter zu reisen, um unsere Geldbeutel zu schonen.
Sonntag, 24.06.2018
Heute wollen wir uns ein ausgiebiges Frühstück gönnen. Frohen Mutes machen wir uns auf den Weg, um im nächsten Städtchen Jagd auf lecker Eierspeisen, krossen Speck und Konsorten zu machen. Aber offenbar haben wir uns eine bayerische Schwesterstadt ausgesucht: Sämtliche Lokale sind geschlossen, keine Menschenseele auf der Strasse anzutreffen. Enttäuscht schleppen wir unsere triefenden Mäuler in ein Einkaufszentrum. Käse-Schinken-Croissont und Pirakka Geschmacksrichtung Styropor – so haben wir uns das nicht vorgestellt.
Weiter geht’s im flotten Tempo gen Süden. Die Strassen in Finnland sind in sehr gutem Zustand, wir kommen zügig vorwärts. Herausfordernder gestaltet sich da Navigieren: Die finnische Sprache ist unserer so fremd, dass wir uns die Namen der Ortschaften nur jeweils für einen Bruchteil einer Sekunde merken können. Zudem klingt irgendwie alles gleich. Ganz schön anstrengend, sich so durch die Pampa zu kämpfen. Unterwegs machen wir am Polarkreis halt, um unsere Tageschallenge abzuhaken. Ein Foto von Rollo als Schlitten, wir als Santa Claus und Elfen verkleidet. Am Polarkreis angekommen trifft und beinahe der Schlag. Ein riesen Konsumtempel heisst uns willkommen, die Vermarktung des Polarkreises lässt uns kalten Schauer über die Rücken laufen. Weihnachtsmusik im Juni, Nikoläuse, Rentiere und kaufwütige Touristen. Nach der schönen Natur und dem einfachen Leben in Norwegen kaum zu ertragen. Wir schiessen ein Foto und verkleiden uns mittels technischer Hilfsmittel in Sekundenschnelle. Das muss reichen.
Der Schock sitzt uns tief und lange in den Knochen. So tief, dass wir uns für eine Nightsession entscheiden und in einem Rutsch bis nach Helsinki fahren – bloss raus aus diesem Finnland! Kurz vor sechs erreichen wir einen Zeltplatz vor den Toren von Helsinki und fallen, kaum ist das Tipi aufgestellt, in einen tiefen Schlaf.
Samstag, 23.06.2018
Süsse Träume prallen auf harte Realitäten. Als wir erwachen prasselt eine gefühlte Sintflut auf unser Tipi nieder, der Wind zerrt an den Zeltschnüren. So schnell haben wir unser Tipi wohl noch nie abgebaut. Alles ist nass, und so verwandelt sich Rollo bei der Weiterfahrt in ein Türkisches Dampfbad: Die Scheiben beschlagen, unsere Hände werden schrumpelig und die Haare drehen sich zu Locken. Renato ist hier klar im Vorteil mit seinem modischen Hyperkurzhaarschnitt.
Nach einem Kaffee- und Waffelstopp geht es auf in Richtung Finnische Grenze. Kurz davor tauschen wir unseren 10Pack Cola in einem Outdoor-Shop gegen zwei Paar warme Wollsocken. Fairer Deal, finden wir. Damit lässt sich vielleicht in Finnland mit einer frierenden Camperin ein schöner Tauschhandel arrangieren. Auch zwischen Norwegen und Finnland gibt es keine Grenzkontrollen, wir preschen mit Vollgas ins Land. Die Strassen und die Umgebung verändern sich drastisch: Wir wägen uns auf einer Rennpiste, pfeilgerade liegt der Asphalt in Mitten der Wälder. Und Seen, Seen soweit das Auge reicht. Auf einmal meldet sich eine Gefährtin zurück, die wir schon lange nicht mehr gesehen haben: Zuerst zaghaft, dann mit voller Kraft, die Sonne scheint! Unvorstellbar, wie gut sich die wärmenden Strahlen auf unseren Gesichtern anfühlen. So gut, dass wir beschliessen, Rast zu machen und uns etwas mehr Erholungszeit als in den letzten Tagen zu gönnen. Wir finden einen wunderschön gelegenen Campingplatz an einem Fluss. Wir trocknen unser Material, fischen im Fluss (was uns lecker Forelle zum Abendessen beschert), trinken kühles Bier, schauen Fussball und nutzen die Holzsauna auf dem Camping. Nach der nasskalten Nacht vom Vortag ist dieses Programm genau das richtige. Entspannt und glückselig geht’s ab in die Federn.
Freitag, 22.06.2018
Viel zu früh klingelt der Wecker. Eine kurze Dusche, Kaffee und die zweite Lachsseite zum Frühstück, dann sind wir bereits wieder abfahrbereit. Wir hätten es noch gut einen weiteren Tag im wunderschönen Vollsteinen ausgehalten, doch die Rally treibt uns weiter. Unser Tagesziel: Das Nordkapp. In schier endlosen Serpentinen schlängeln wir uns weiter und weiter gen Norden, entlang an wunderschönen Fjorden, friedlich äsenden Rentieren und malerisch anmutenden roten Häuschen. Mehrere Tunnels verkürzen den Weg zum nördlichsten Punkt des Europäischen Festlandes. Kurz vor dem längsten dieser Tunnels, dem Nordkapptunnelen mit knapp 7 km Länge, bildet sich aus dem Nichts ein Stau. Schnell wird uns klar, weshalb: Einer Norwegischen Lachsräucheranlage gleich wabert Rauch aus dem Tunnel, ein Wohnmobil hat im Tunnel Feuer gefangen. Erstaunlich schnell ist die Feuerwehr da, schleppt das havarierte Wohnmobil ab und bläst den Rauch aus dem Tunnel. Wir nutzen die unfreiwillige Pause, um uns mit einer Runde Fussball die Müdigkeit aus den Knochen zu vertreiben. Erstaunlich, wie ungelenk man nach einer Woche Autofahren wird…
Die Bewegung tut uns gut. Aber gnadenlos verstreichen die Minuten, der Anpfiff zum Spiel Schweiz-Serbien um 20:00 rückt näher und näher. Als der Tunnel endlich wieder freigegeben wird, drücken wir aufs Gas und fahren bis Honningsvag. Unsere Hoffnung: Ein Pub oder ein Restaurant zu finden, dass das Spiel live überträgt. Die Einfahrt ins Dorf stimmt uns verhalten optimistisch: Gasindustrie, Fischerei, aber weit und breit keine Bar. Um 19:57 dann die Erlösung, wir finden am Hafen ein kleines Pub mit grossem Fernseher und kühlem Bier. Der Besitzer heisst uns herzlich willkommen, und just zum Anstoss stossen auch wir an. Was für ein Glücksgriff, diese Bar: Der Besitzer bestellt uns vom nächsten Pizzalieferdienst zwei grosse Pizze (ja, auch das gibt es so weit oben im Norden…), da er selber nicht kocht. Mit vollen Mägen und ¾ glückselig feiern wir den 2:1-Sieg der Schweiz. Das vierte Viertel muss sich mit Cola begnügen, da wir nach dem Spiel noch hoch ans Nordkapp wollen.
Kurz nach elf erreichen wir dann auch das Nordkapp. Oder wir vermuten es zumindest, denn sehen können wir es nicht, zu dick ist die Nebelsuppe. Heute scheint unser Glückstag zu sein: Obwohl wir das offizielle Zeitfenster für die Vorfahrt mit Rollo zum Nordkapp-Globus um fünf Stunden verpasst haben, zeigen sich die Parkwächter verständnisvoll und lassen uns ausnahmsweise passieren. Die anderen Touristen blicken unserem Rollo ungläubig entgegen: Was wollen denn die hier? Und wieso dürfen die mit dem Auto vorfahren und wir nicht? Ein Deutscher Tourist macht seinem Unmut mit einem Schwall Schimpfworte Luft. Das Gemotze ist uns egal, Göschenen-Airolo direkt, wir sind einfach glücklich, dass wir unseren Tapferen Rollo samt RacingTeam auf dem Dach am Nordkapp fotografieren und diesen Moment für die Ewigkeit festhalten können.
Der Abstecher in die surreale Welt des Nordkapp-Besucherzentrums ist kurz, aber heftig: Unglaublich, welche Touristenmassen sich aus einer endlosen Schlange an Bussen in das Besucherzentrum ergiessen. Verstörte, übernächtigte Rentner geistern durch die Hallen, stürmen in den Souvenirshop und verschleudern die hart angesparten Norwegischen Kronen für ein braunes, wasserähnliches Getränk das mit „Kaffee“ angeschrieben ist – Einstimmig befinden wir: Das ist kein Ort zum Verweilen! Deshalb geben wir wieder Gas und versuchen, möglichst schnell Land zu gewinnen. Wir fahren nochmals für etwas mehr als eine Stunde in den Süden, suchen uns ein schönes Plätzchen am Meer um unser Tipi aufzustellen und fallen todmüde in die Schlafsäcke. Das Rauschen des Meeres lullt uns ein, hat aber auch einen treibenden Effekt. Also nochmals raus aus dem Schlafsack, Wasser lassen, und dann, endlich, schlafen.
Donnerstag, 21.06.2018
Wir stehen bei Zeiten auf und machen uns auf den Weg nach Tromsö, wo wir ganz in der Nähe eine Einladung zur Übernachtung in die Hytta von Eva erhalten haben (vielen lieben Dank dafür, Eva. Vollsteinen ist einfach traumhaft!). Die Fahrt ist anstrengend. Es regnet den ganzen Tag und wir sind alle müde. Fahrerwechsel, Kaffeepause, Powernapp, Kaffeepause, Fahrerwechsel, Zigarettenpause, Kaffeepause. Und unterwegs bei den Junioren des FC Reinen einen Stopp für die Tageschallenge einlegen: Passend zum Wetter fahren wir beim Penaltyschiessen eine rigorose Niederlage ein. Naja, wir haben’s versucht. Hoffentlich spielen die Schweizer morgen Abend in Rostow erfolgreicher auf! So erreichen wir dann doch irgendwann Tromsö, nur um enttäuscht festzustellen, dass unser Lieblingsfischladen im Hafen von Tromsö seine Tore geschlossen hat. Dabei haben wir uns alle auf einen riesen Haufen frischer Rekker mit lecker Aioli gefreut. So muss halt ein Einkaufszentrum mit guter Fischtheke her, was wir auch prompt finden. Auf den Weisswein dazu müssen wir leider verzichten, der Vinmonopolet hat natürlich schon lange zu. Wobei, ganz ehrlich: Die tägliche Öffnungszeit von gefühlten fünf Minuten ist auch nicht einfach zu treffen. Mit 1,5 Kilo Rekker, einer ordentlichen Portion Aioli und zwei schönen Rauchlachsseiten machen wir uns auf den Weg zur letzten Prüfung des Tages: die Strecke von Tromsö nach Oldervyk ist zwar wunderschön, doch es gilt beinahe den ganzen Weg 60 oder sogar 50 Kmh Höchstgeschwindigkeit. Und so zieht sich die Fahrt ins Unendliche. Irgendwann sind wir dann doch da. Rekker rein, Licht aus, das war’s für heute.
Mittwoch, 20.06.2018
Kurz vor 3 Uhr manövrieren wir unsern Rollo auf die Fähre und begeben uns zum Passagierdeck. Zum Glück verfügt das gesamte RoaringRollo RacingTeam durchs Band über einen lockeren Hüftschwung: Die Überfahrt nach Moskenes schaukelt ordentlich, etliche Passagiere werden bleich um die Nase, in den Toiletten erklingen komische Geräusche. Umso schöner präsentieren sich uns die Lofoten bei unserer Ankunft frühmorgens. Farbige Häuschen, trocknender Stockfisch, Hügel, Gipfelzüge, saftige Wiesen und gefühlte zehntausend Wohnmobile – Rollo fühlt sich wohl und führt uns in einem Schwung nach Hov, wo die erste Rally-Party stattfinden wird.
Die Ankunft verschlägt uns fast den Atem: Türkisfarbenes Wasser, weisser Sandstrand, kaum besiedelt: Wir wähnen uns im Paradies! Allerdings nur, bis wir die Autotüren öffnen. Uns schlägt ein kalter Wind entgegen, vorbei sind die sommerlichen Träumereien, die karibischen Beats und der Geruch nach Sonnencrème werden jäh aus unseren Köpfen vertrieben. Aber egal: Gutes Schuhwerk angezogen, Daunenjacke montiert, läuft auch so bei uns. Wir sichern uns einen Zeltplatz mit wunderbarer Aussicht, stellen unser Tipi auf, gönnen uns einen wärmenden Kaffee im Camping-eigenen Kaffeehaus und schauen den Neuankömmlingen beim Einparken und Einrichten zu. Genau im richtigen Moment schlägt auch das Wetter um, zum Glück ins Positive: Die Regenwolken verziehen sich und es klart auf. Wir nutzen die verbleibende Zeit bis zum Start der Party, um unsere Angelruten aus dem Kofferraum zu holen. Innert 45 Minuten fangen wir drei schöne Seelachse, die wir schön würzen und neben lecker Lammracks und wohlproportionierte Entrecôtes auf den Grill hauen.
Die Party nimmt langsam Fahrt auf. Alle Teams stehen um die Grillroste, trinken Bier und tauschen sich aus. Die Stimmung ist gelassen, neue Kontakte werden geknüpft und zum süssen Klang von aufpoppenden Bierflaschen wird es – NICHT dunkel. Schon schön, wenn dank der fehlenden Dunkelheit das Gefühl von Müdigkeit nicht aufkommen mag. Und verheerend ;-) Irgendwann liegen wir dann doch in unseren Schlafsäcken und sind innert Sekunden weg.
Dienstag, 19.06.2018
Voller Schrecken stellen wir fest, dass wir schon bald die Grenze passieren, vorher aber unbedingt unsere Malmö City Map weitertauschen müssen. Auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums treffen wir auf eine freundliche Norwegerin mit ihren beiden Söhnen, die vor lauter Freude an unserer Rally ihren Söhnen ein Tenpack CocaCola-Büchsen entwendet und gegen die Malmö-Karte eintauscht. Ob die beiden jungen Herren danach auch so begeistert von unserer Rallye sind wie ihre Mutter, wagen wir zu bezweifeln. Das ist uns in dem Moment auch eher egal, wir freuen uns einfach, dass wir einen guten Deal abschliessen konnten.
Die Strasse schraubt sich langsam aber sicher in die Höhe, bald erreichen wir den Svartis-Gletscher. Wir Wagen uns ins kühle Weiss, um eine der Zusatz-Challenges zu absolvieren: Foto des Teams mit einer Norwegen-Flagge auf einem Gletscher – Check. Mit der Höhe fallen auch die Temperaturen, Mützen und Daunenjacken kommen zum Einsatz. Schon bald passieren wir die Grenze, das flache Schweden wird vom hügeligen Norwegen abgelöst. Die Landschaft ist schlichtweg umwerfend, das Auenland lässt grüssen. In Fauske legen wir einen kurzen Mittagsstopp ein. Erstaunlich, dass ein so kleines Städtchen mit mindestens vier Kebap-Läden aufwartet, ein anständiges Restaurant auf die Schnelle aber nicht zu finden ist. Egal, Hauptsache warm und fettig, der Zwischenhalt erfüllt seinen Zweck. In Bodö stehen beim Fährverlad bereits einige andere Rally-Teams vor uns da. Die 16:45-Fähre verlässt den Hafen ohne uns. Halb so schlimm: Die Wartezeit bietet uns die Gelegenheit, unser Zelt zu trocknen, Rollo herauszuputzen und unserer Packlogik weiter zu optimieren. Willkommen ist auch die körperliche Ertüchtigung in Form von lockerem Fussballspiel und Kubb-Match. Als dann die 22:30-Fähre gestrichen wird, merken wir, dass wir definitiv im Urlaub angekommen sind: Tiefenentspannt, wie wir unterwegs sind, stört uns die weitere Wartezeit bis 03:30 überhaupt nicht. Wir kommen mit einem weiteren Rallyteam aus München ins Gespräch. Gesponsert werden sie unter anderem von der Brauerei Giesinger, was uns zu einem wohlmundenden Schlummertrunk verhilft, bevor wir es uns mit Kissen und Schlafsäcken in Rollos Innern bequem machen und einige Stunden schlafen.
Montag, 18.06.2018
Was für ein Erwachen: Aus dem wohlig warmen Schlafsack schweifen unsere Blicke auf den See, funkelnd spiegeln sich die Sonnenstrahlen auf der Oberfläche. Olfaktorisch ist das Erwachen etwas weniger hitverdächtig, vier Jungs nach bierseeliger Siegesfeier – das geht nicht ganz ohne Spuren an einem vorüber. Also raus aus dem Zelt, und ab auf die Strasse.
Heute gilt es, einige Kilometer abzuspulen. Vorbei an wunderschönen und endlosen Wäldern, stets in Richtung Norden. Unterwegs bestehen wir die heutige Tages-Challenge: An einer definierten Strassenkreuzung gilt es, den Copiloten mit einem anderen Rally-Team zu tauschen. So tauscht Ste für einige Kilometer den Platz mit Christian von Team Heidegeister aus der Region Lüneburg. Erica, so heisst das altehrwürdige Vehikel der Mitstreiter, zeigt sich als bequeme und gut motorisierte Gastgeberin. Die Challenge gewinnt, wer den Witzerzählkünsten des anderen Teams ohne zu lachen zuhören kann. Jörg vom Team Heidegeist prustet bereits beim ersten Witz von uns lauthals los, das Roaring Rollo Racing Team beisst tapfer auf die Zähne, bleibt ernst und gewinnt die Challenge damit Souverän. Über die Inhalte der Witze wird an dieser Stelle nach gegenseitiger Absprache nicht berichtet.
Wieder auf der Strasse: Wir beschliessen, das lange Tageslicht auszunutzen, um möglichst nahe an die Schwedisch-Norwegische Grenze zu gelangen. Während sich Renato und Sandro im Fond gemütlich einmummeln und wegdösen, fahren Ste und Martin durch die taghelle Nacht. Und endlich, nach dem wir die Hoffnung beinahe schon aufgegeben haben, kreuzen eine Elchmutter und ihr Kind unsere Strasse. Was für ein Anblick, wie die beiden Tiere in stiller Eleganz über die Strasse huschen. Das akut eingeleitete Bremsmanöver verhindert dann aber leider ein wirklich scharfes Beweisfoto, zu schnell verschwinden die beiden Königinnen der Schwedischen Wälder im Dickicht. Nun scheint der Bann gebrochen. Wir sehen in der folgenden Stunde eine weitere Elchkuh, einen Auerhahn und tausende Mücken, die mit einem leisen „Plopp“ kunstvolle Muster auf unsere Windschutzscheiben malen. Wir fahren bis kurz vor halb vier, bis wir Staruman erreichen. Feierabendbier, Powernap, Ademessi
Sonntag, 17.06.2018
Wohl zu früh gefreut: ein Teil der Schnarcher-Fraktion zeige sich in dieser Nacht um einiges aktiver. Entschädigt werden wir beim Frühstück: Lecker Krabben- und Heringbrötchen direkt am Meer. Frisch gestärkt geht’s los.
Der zweite Tag führt uns nach Ryd, wo uns die Tageschallenge mit der Suche nach einem Autofriedhof beschäftigt. Rollos Ausgeglichenheit wird aufgrund mangelnder Fahrpraxis eines Crewmitglieds auf einen harten Prüfstand gestellt. Gegen Mittag ist der Autofriedhof aber gefunden, Fahrerwechsel, alles wird gut.
Nur läuft uns langsam die Zeit davon: Um 20:00 Uhr ist Anpfiff, die Schweizer greifen an der Fussball-WM ins Geschehen ein, das wollen wir uns nicht entgehen lassen. So bleibt das Gaspedal mehrheitlich bis zum Anschlag durchgedrückt. An uns vorbei ziehen Wälder, Seen, pittoreske Häuschen und Ortsnamen, die uns das Gefühl eines sonntäglichen IKEA-Besuchs vermitteln – von genervten Eltern und quengelnden Kindern bleiben wir aber weitgehend verschont. Dafür bleibt uns aber bis auf weiteres auch ein Hotdog verwehrt, und wir kaufen weder Servietten noch Teelichter. Der Einsatz lohnt sich: Mit nur 10 Minuten Verspätung sitzen wir vor dem Bildschirm und fiebern dem Abpfiff und dem wohlverdienten Punktegewinn der CH-Nati entgegen - Heja Sveits!
Samstag, 16.06.2018
Der Ölstand ist geprüft, die Raddeckel sind poliert und die Rakoboxen gepackt. Unser Rollo präsentiert sich wie aus dem Ei gepellt. Kurzum: Wir sind ready für den Start! In 16 Tagen durch 10 Länder rund um das baltische Meer – wir sind gespannt und voller Vorfreude.
Die erste Nacht im Tipi vor den Toren Hamburgs: Die gefürchteten Schnarchnasen unter uns (immerhin 50% der Crew) hielten sich vornehm zurück. Die andere Hälfte des Teams dankt es ihnen, die Stimmung beim Kaffee könnte nicht besser sein.
Pünktlich um 10:15 treffen wir am Strand Pauli ein. Akkreditierung, Aufreihung der Fahrzeuge, Verabschiedung von Amanda und Eva, alles klappt wie am Schnürchen. Und endlich geht’s los, mit der Nummer 36 sind wir dran: Rollo schnurrt wie ein Kätzchen. Aber eines, das ein Leben lang geraucht haben muss wie ein Bürstenbinder. Keuchend und ratternd fügen wir uns in den hanseatischen Stadtverkehr ein. Beschilderung im Stadtverkehr: Note ungenügend. Stimmung im Team: 1+. Je mehr wir den Smog der Stadt verlassen, desto besser ist es um Rollos Katarr bestellt, das Rattern weicht einem gleichmässigen, sanften Dröhnen, an das wir uns bald gewöhnen. Es bleibt uns ja auch nichts anderes übrig…
Kurz nach Hamburg starten wir auch schon die ersten von etlichen Challenges, die wir im Rahmen der Rallye zu bewältigen haben: Ausgehend von einer Büroklammer sollen wir in jedem Land 1x Tauschhandel betreiben, um am Ende einen wertvollen Gegenstand mit ins Ziel zu bringen. Ein freundlicher Belgier tauscht unsere Büroklammer – und jetzt Achtung: Klischeealarm – gegen eine belgische Waffel ein.
Schon bald setzt der Regen ein und wir nähern uns im hypnotisierenden Takt der Scheibenwischer Puttgarden. Kurz vor dem Eindösen erreichen wir den Fährhafen. Rauf aufs Deck, Schaulaufen der Tabacksäcke, und bevor wir uns versehen stehen wir auch schon auf Dänischem Boden. Wir durchfahren Dänemark so schnell, dass wir beinahe vergessen, die belgische Waffel weiter zu tauschen. An der Öresund-Brücke tauschen wir die Waffel gegen einen Stadtkarte von Malmö.
Gegen Abend erreichen wir Ystad und fahren weiter nach Kasberga, wo wir unser Tipi aufstellen und pünktlich um 23:58 die Tageschallenge am Ales Stenar bewältigen: Alle vier Elemente müssen auf allen vieren um einen Stein der Vikinger-Stätte Ales Stenar transportiert werden.
Du willst live verfolgen, wie wir uns mit Rollo durch den Norden kämpfen? Unter untenstehendem Link bist du quasi mittendrin statt nur dabei: Fiebere mit, sobald es los geht. Drück uns die Daumen, dass wir die perfekte Route wählen. Und unterstütze uns in Gedanken, wenn wir uns (mal wieder) verfahren!
http://www.sac-track.com/#!/bsc-18/36
Übrigens: Hier wird ab kommenden Samstag auch unsere Live-Berichterstattung zu finden sein. Wir trainieren schon mal den Fotoauslöser-Reflex und gehen in Gedanken das Zehnfinger-System durch. Weitere Infos folgen.